In einer wegweisenden Entscheidung hat der Bundesrat in seiner 1042. Plenarsitzung dem Wachstumschancengesetz (WCG) zugestimmt. Trotz kontroverser Diskussionen in den vergangenen Wochen ist nun der Weg frei für die schrittweise Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung (E-Rechnung) in Deutschland. Insbesondere die Empfangsverpflichtung für Rechnungsempfänger im B2B-Bereich ab Januar 2025 steht im Fokus.
Die Bedeutung der E-Rechnung für Deutschland wird oft unterschätzt. Doch ein genauerer Blick offenbarte ihr enormes Potenzial. Schätzungen der EU-Kommission und des Bundesfinanzministeriums prognostizieren durch die Einführung der obligatorischen E-Rechnung jährliche Steuereinnahmen von über zehn Milliarden Euro. Dies liegt daran, dass der elektronische Rechnungsaustausch eine direkte Vorsteuerabzugskontrolle durch die Finanzverwaltung ermöglicht. Somit könnte die in Deutschland bestehende Umsatzsteuerlücke durch Vorsteuerabzugsbetrug und andere Steuervermeidungspraktiken geschlossen werden, ähnlich wie sie bereits in anderen EU-Ländern erfolgreich umgesetzt wurde.
Eine E-Rechnung nach dem europäischen Behördenrechnungsstandard EN16931 sind XML-Dateien in strukturiertem Format, die sich automatisiert maschinell verarbeiten lassen. Erlaubt sind auch PDF-Dateien, die XML beinhalten - beispielsweise Factur-X/ZUGFeRD, als sogenannte hybride Formate. Hier gilt aber künftig die XML-Datei als buchhalterisches Rechnungsoriginal und nicht das PDF. Eingescannte Papierrechnungen, Word-Dokumente oder reine Bilddateien wie PNG, TIFF und PDF gelten als "sonstige Rechnungen" und erfüllen diese Anforderungen NICHT.
Die Formatwahl obliegt dem Rechnungsersteller, d.h. der Empfänger muss die möglichen Formate lesen und verarbeiten können. Durch entsprechende Verträge kann der Empfänger jedoch ein bestimmtes Format vorgeben, wie es z.B. auch öffentliche Auftraggeber in Bezug auf die XRechnung handhaben.
Mit der nun beschlossene Empfangsverpflichtung, die nicht an die Zustimmung des Rechnungsempfängers gebunden ist, müssen alle Unternehmen in Deutschland bis Ende des Jahres in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Papierrechnungen verlieren damit ihren Status und auch elektronische Formate (z.B. PDF-Dokumente), die nicht EN16931-konform sind, bedürfen einer expliziten Zustimmung des Rechnungsempfängers.
Die Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes markiert einen bedeutenden Schritt hin zur Digitalisierung des Rechnungsaustauschs in Deutschland. Die Einführung der obligatorischen E-Rechnung ab 2025 wird nicht nur zu Steuermehreinnahmen führen, sondern auch einen wesentlichen Beitrag zur Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft leisten. Dieser digitale Fortschritt wird dazu beitragen, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit als größte Volkswirtschaft der Eurozone stärkt. Unternehmen sind spätestens jetzt gefordert, ihre Geschäftsprozesse bis Ende des Jahres entsprechend zu digitalisieren und die technischen Voraussetzungen für den Erhalt und die reibungslose Verarbeitung von E-Rechnungen zu schaffen.